Der Igel, der immer die Wahrheit sagte

Man sagt, dass in früheren Zeiten, als die Tiere und die Vögel noch sprechen konnten, der Igel keine Stacheln auf seinem Körper hatte. Seine Haut war sanft und glatt wie Seide.

Er sagte allen gute schöne Worte, erfreute die Geschöpfe und alle liebten ihn deshalb sehr. Aber der Igel hatte eine Eigenschaft, die niemanden gefiel. Er sagte nämlich immer die Wahrheit. Ja, er ging sogar soweit: er heuchelte niemals irgend jemandem gegenüber. Und wegen deswegen war jeder verärgert über den Igel.

Eines Tages sagte er zu der Schlange: „Du beißt die Menschen – da tust du nichts Gutes; lass doch diese Angewohnheit!“ Der Schlange gefiel nicht, was der Igel da sagte, und sie begann den Igel den Menschen gegenüber zu verleumden und Gerüchte über ihn auszustreuen. Der Mensch war schon vorher über den Igel verärgert gewesen, weil der Igel ihm schon allerlei gesagt hatte. Als die Schlange so redete, da nahm der Mensch den Igel und warf ihn in einen trockenen Dornbusch. Dort hefteten sich viele Dornen an den Igel und blieben an ihm hängen.

Danach erfuhr der Igel, dass er dies alles der Schlange zu verdanken hatte; deshalb wurde er ihr Feind. Bis zum heutigen Tage ist es so: Wo der Igel eine Schlange sieht, da spießt er sie auf und tötet sie.

Das ist die Geschichte vom Igel und der Wahrheit.

 

Leicht bearbeitet von Astrid Brüggemann. Aus: Märchen aus Pakistan. Eugen Diederichs Verlag. Aus dem Sindhi übersetzt und herausgegeben von Annemarie Schimmel. 1980

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